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Nachruf auf Em. Univ.-Prof. Dr. Dr. Hugo Schwendenwein (1926-2019)

Dienstag, 02.04.2019

 

 

Die Katholisch-Theologische Fakultät Graz

trauert um

Apost. Protonotar Em. Univ.-Prof. Dr. Dr. Hugo Schwendenwein (5.11.1926 – 1.4.2019)

 

Hugo Schwendenwein, geboren am 5. November 1926 in Klagenfurt, verfügte über eine umfassende akademische Ausbildung. Er war Volltheologe, Jurist und Kanonist. Den Doktorgrad der Rechte hat er an der Universität Wien, den des kanonischen Rechts an der Universität des Hl. Thomas in Rom erworben. Nach seiner Priesterweihe 1954 war er in verschiedenen kirchlichen Aufgaben tätig. Seit 1969 arbeitete er an der Karl-Franzens-Universität Graz. Seine Habilitationsschrift „Priesterbildung im Umbruch des Kirchenrechts“, die 1970 im Druck erschien, wurde mit dem Kardinal-Innitzer-Preis ausgezeichnet. 1973 wurde er zum ordentlichen Professor für Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät Graz ernannt und hatte diesen Lehrstuhl bis zur Emeritierung im Jahr 1995 inne. Von 1973 bis 1976 war er akademischer Senator, von 1976 bis 1979 Dekan seiner Fakultät.

Seine wissenschaftliche Arbeit war weit gespannt und erstreckte sich sowohl auf das aktuelle Kirchenrecht als auch auf Themen der kirchlichen Rechtsgeschichte und auf das österreichische Staatskirchenrecht. Von den Schwerpunkten der fachlichen Arbeit seien nur einige wenige genannt: Grundrechte und Grundrechtsschutz in der Kirche, kirchliche Organisation und Ämterverfassung, kirchliches Bildungswesen, Interpretationsregeln, Rechtsvergleichung und Kollisionsnormen (auch interreligiöse und interrituelle), eherechtliche Fragen, spezielle Themen aus dem Staatskirchenrecht, Konkordat usw.

Nicht nur die Notwendigkeit, das aktuelle Kirchenrecht den Studierenden zu vermitteln, sondern auch die Einbeziehung in die Arbeit an der Codex-Reform durch die Österreichische Bischofskonferenz und durch Kardinal König, der Mitglied der hierfür zuständigen Kardinalskommission war, machten eine Auseinandersetzung mit allen Bereichen des Kirchenrechts erforderlich. Aus dieser Tätigkeit, die ihn laufend mit dem aktuellen Stand der Codex-Reform in Beziehung brachte, ist die nach der Promulgation des erneuerten CIC erschienene Gesamtdarstellung des Kirchenrechts entstanden: „Das Neue Kirchenrecht“, Graz, 1. Aufl., 1983, 2. Aufl., 1984. Diese zählte, auch international gesehen, zu den ersten umfassenden Darstellungen des im Codex Iuris Canonici 1983 revidierten kanonischen Rechts. Selbstverständlich wurde Schwendenwein alsbald als Konsultor in die päpstliche Codex-Interpretationskommisson berufen und übte diese Tätigkeit viele Jahre lang aus.

Nach Vollendung des genannten Werkes haben ihn seine Habilitanden bestürmt, doch auch eine Gesamtdarstellung des österreichischen Staatskirchenrechts vorzulegen. Naturgemäß haben sich kirchliche Stellen, insbesondere die Österreichische Bischofskonferenz, aber auch die Dekane der theologischen Fakultäten in staatskirchenrechtlichen Fragen immer wieder an den auch im staatlichen Recht graduierten Kanonisten gewandt, so dass diese Materie für ihn nicht Neuland war. 1992 erschien sein „Österreichisches Staatskirchenrecht“. In diesem durchforstete er – unter Berücksichtigung der Judikatur – die österreichische Rechtsordnung sowohl unter dem Aspekt der Religionsfreiheit (Glaubens-, Gewissens- und Weltanschauungsfreiheit), die vor allem den Schutz des einzelnen intendiert, als auch im Hinblick auf die ebenfalls von einer religiösen Freiheitsgarantie getragene rechtliche Stellung der Religionsgemeinschaften.

In der kanonistischen Literatur begegnen uns noch weitere Bücher aus der Feder Schwendenweins: z. B. Rechtsfragen in Kirche und Staat, Graz 1979; Beiträge zur Erneuerung des Kirchenrechts, Graz 1984; Religion in der Schule – Rechtsgrundlagen, Graz 1980 usw. Zahlreich sind die Artikel, die von ihm verfasst wurden. 1996 brachte Louis Carlen in der Reihe „Freiburger Veröffentlichungen aus dem Gebiete von Kirche und Staat“ einen Band von über 900 Seiten mit Aufsätzen von Hugo Schwendenwein heraus.

Immer wieder hat die Kirche auf die profunde Sachkenntnis des Gurker Diözesanpriesters Hugo Schwendenwein zurückgegriffen. Dies beschränkte sich nicht auf die Arbeit am kirchlichen Ehegericht und auf die Beantwortung von Fragen in- und ausländischer Diözesen. Auf zahlreichen internationalen Konferenzen hat er den Hl. Stuhl vertreten, insbesondere im Comité directeur de coopération juridique des Europarates. U. a. war er Mitglied der Europakommission der Österreichischen Bischofskonferenz.

Kirchlicherseits wurde seine Tätigkeit durch die Verleihung des Titels „Apostolischer Protonotar“ gewürdigt. 1985 hat ihn die Österreichische Akademie der Wissenschaften zur korrespondierenden und 1995 zum wirklichen Mitglied der philosophisch-historischen Klasse gewählt. Darüber hinaus war Schwendenwein Träger hoher Bundes- und Landesauszeichnungen.

Immer wieder führte ihn seine Tätigkeit ins Ausland. Die Kontakte beschränkten sich nicht auf Amerika, Ostasien und die westliche Welt. Lange vor der Perestroika hat er in Polen und im ehemaligen Jugoslawien Vorträge gehalten. Naturgemäß war er immer wieder in Fragen der Erneuerung des Staatskirchenrechts in verschiedenen Oststaaten eingebunden.

Hugo Schwendenwein konnte dank der ihm geschenkten Gesundheit und Schaffenskraft die wissenschaftliche Arbeit bis ins hohe Alter von über 90 Jahren fortsetzen. Auch nach der Emeritierung verfasste er zahlreiche Beiträge zu Fragen des Kirchenrechts und des Staatskirchenrechts und griff immer wieder in die aktuelle Diskussion ein. Jüngeren Fachkolleginnen und -kollegen bot er seine Hilfe an und stand ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite. Seine menschenfreundliche, gesellige, geistreiche und humorvolle Art machten ihn zu einem beliebten Gesprächspartner und gerne gesehenen Gast.

Mit dem Heimgang von Hugo Schwendenwein am 1. April 2019 verliert Österreich einen seiner bedeutendsten Rechtsgelehrten. Wie kaum ein anderer förderte er die Kirchenrechtswissenschaft und ihre Reputation. Zu tiefstem Dank verpflichtet wissen sich die Karl-Franzens-Universität Graz, die Katholisch-Theologische Fakultät und besonders das Institut für Kanonisches Recht, dessen positive Entwicklung ihm stets am Herzen lag und mit dem er bis zuletzt auf das Engste verbunden blieb. Aufmerksam begleitete er die Entwicklungen und setzte sich nachdrücklich dafür ein, dass das Kirchenrecht und die anderen theologisch-praktischen Fächer den Platz, der ihnen im Aufbau der kirchlichen Studien zukommt, an der Fakultät erhalten.

Gott, der Herr, sei der überreiche Lohn seines getreuen Dieners Hugo Schwendenwein.

Requiescat in pace.

 

o. Univ.-Prof. Dr. Johann Hirnsperger
Institut für Kanonisches Recht an der Universität Graz

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