Täglich war es uns möglich, mehrere Dikasterien zu besuchen und auf interessante Art und Weise Dinge zu erfahren, die man nicht in Konstitutionen nachlesen kann. Die verschiedensten kurialen Mitarbeiter:innen boten uns einen Einblick in die Struktur und Arbeitsweise der Römischen Kurie und so erhielten wir die Chance, einen Weitblick auf die Leitung der Weltkirche zu erhalten.
Tag 1: Kommunikation – Klerus – Gesetzestexte – Deutsche Botschaft
Am ersten Tag hatten wir zunächst eine Begegnung mit Frau Christine Seuss von Vatican News, das seit der Kurienreform im März 2022 dem Dikasterium für Kommunikation angehört.
Im Dikasterium für den Klerus wurden wir sodann vom Präfekten Lazarus You Heung sik begrüßt und danach von Mons. Dr. Josef Gehr empfangen, der uns über die Aufgaben des Dikasteriums informierte. Dort ist man unter anderem zuständig für den Klerus, aber auch für die Priesterseminare und die Priesterausbildung. Außerdem gibt es eine Abteilung für die Verwaltung, wozu auch die Vermögens- und Güterverwaltung, Rechtsgeschäfte oder der Unterhalt und die soziale Absicherung für den Klerus gehören. Auch hat man die Kompetenz, Dispensen für den Klerus zu erteilen.
Im Anschluss daran empfing uns Untersekretär Mons. Dr. Markus Graulich SDB im Dikasterium für die Gesetzestexte, wo man zuständig ist für die Erarbeitung und Vorbereitung der Gesetze, deren Auslegung und Kontrolle. Im Mittelpunkt vieler Fragen stand auch das neue Strafrecht, worüber uns Mons. Graulich gut informieren konnte. Am Nachmittag des ersten Tages stand noch der Besuch der Deutschen Botschaft beim Hl. Stuhl auf dem Terminplan, wo uns Botschafter Dr. Bernhard Kotsch empfing und eindrucksvoll über seine Aufgaben und Zuständigkeiten im diplomatischen Dienst berichtete.
Tag 2: Orientalische Kirchen – Gottesdienst und Sakramentenordnung - Förderung der Einheit der Christen – Apostolische Signatur
Der zweite Tag bot zunächst die Möglichkeit zum Gespräch mit Mons. Kuriakose Cherupuzhathottathil vom Dikasterium für die orientalischen Kirchen, welches für alle Belange der mit Rom unierten Ostkirchen zuständig ist. Besonders hingewiesen wurde auf humanitäre Hilfsmaßnahmen, welche das Dikasterium leistet, auf das Verfahren der Bischofswahl und auf durchaus unterschiedliche Modelle von Synodalität in östlichen und westlichen Traditionen.
Bei der folgenden Begegnung mit Mons. Dr. Michael Kahle vom Dikasterium für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung wurden viele interessante Fragen behandelt. Unter anderem ging es um die Vorgehensweise bei der Übersetzung der liturgischen Bücher, welche im Zusammenspiel der örtlichen Bischofskonferenzen und dem Dikasterium vonstattengeht, und die Folgen des Motu Proprio „Traditionis Custodes“, mit welchem Papst Franziskus die Feier der Eucharistie im tridentinischen Ritus einschränkte. Mons. Dr. Kahle betonte in der Diskussion den hohen Stellenwert einer guten ars celebrandi sowie den Zusammenhang von Texten für die Eucharistiefeier und Heiliger Schrift.
Ein herausragender Moment der Exkursion war das darauffolgende Zusammentreffen mit Kardinal Kurt Koch, dem Leiter des Dikasteriums für die Einheit der Christen. Er betonte vor allem, dass im Gespräch mit den getrennten orientalischen Kirchen größtenteils Einigkeit über den gemeinsamen Glauben herrsche, dieser aber in unterschiedlichen Formulierungen zum Ausdruck gebracht werde. Im Dialog mit den Protestanten stünden mehr und mehr schwierige ethische Fragen am Beginn und Ende des menschlichen Lebens zur Debatte. Der Kardinal mahnte die Formulierung eines gemeinsamen Ziels als Basis für jeden gelingenden Dialog an und ließ uns durch sein persönliches Zeugnis auf überzeugende Weise an Geschichte und Gegenwart des innerchristlichen Dialogs teilhaben.
Am Nachmittag dieses Tages konnten wir in zwei kompetenten Vorträgen durch Prof. Dr. P. Nikolaus Schöch OFM und Matthias Ambros die Arbeitsbereiche der Apostolischen Signatur kennenlernen. Diese zählt zu den Organen der Gerichtsbarkeit an der Römischen Kurie. Sie dient als oberstes Berufungsgericht, Verwaltungsgericht und nimmt Funktionen der Gerichtsaufsicht wahr. Da wir hier auch die Amtsräume besichtigen konnten, bot sich uns ein besonderer Einblick in die tägliche Arbeit dieses Gerichts.
Tag 3: Geweihtes Leben und Gesellschaften apostolischen Lebens – Bischöfe – Kultur und Bildung
Am Mittwoch stand zuerst eine Begegnung mit P. Martin Wolf vom Dikasterium für die Institute des Geweihten Lebens und die Gesellschaften des Apostolischen Lebens auf unserem Programm. P. Wolf benannte einige Herausforderungen, vor denen die rund 760. 000 Gottgeweihten heute stehen, etwa die Frage nach der Bedeutung des Gehorsams oder die Tatsache weltweit sinkender Mitgliederzahlen. Er ging auf aktuelle Themen ein, wie etwa die Möglichkeit der Beteiligung von Laien an der Leitung klerikaler Ordensgemeinschaften, und präsentierte so höchst lebendig das „Ordenswesen als Mikrokosmos der Universalkirche“.
Anschließend konnten wir mit Mons. Andre Ciszewski vom Dikasterium für die Bischöfe sprechen, welches unter anderem für die Errichtung, Veränderung oder Aufhebung von Teilkirchen, die Vorbereitung von Bischofsernennungen sowie als Hilfsorgan für die Bischöfe in der Ausübung ihres Dienstes zuständig ist. Bei diesem Gespräch wurde die große Verantwortung sichtbar, welche dieses Dikasterium in der Bewältigung seiner Aufgaben trägt, besonders das feine und engmaschige Zusammenspiel zwischen der Römischen Kurie und den Teilkirchen.
Am Nachmittag wurden wir von Mons. Carlo Polvani vom Dikasterium für Kultur und Bildung empfangen. Neben der Präsentation des sehr weit gefassten Engagements im Bereich der Kultur waren vor allem Fragen hinsichtlich der theologischen Fakultäten an staatlichen Universitäten von Interesse.
Am späten Nachmittag trafen wir uns zu einer Arbeitssitzung in den Räumlichkeiten der Päpstlichen Universität Urbaniana, wo wir von der Leitung der Kirchenrechtlichen Fakultät herzlich begrüßt wurden. Am Mittwochabend traf sich die Grazer Gruppe zu einem gemütlichen Abendessen und anregendem Austausch.
Tag 4: Glaubenslehre - Evangelisierung - Rota Romana
Am Donnerstag besuchten wir zuerst die Sektion für die Disziplin im Dikasterium für die Glaubenslehre. Im Fokus der Ausführungen von Dr. Manfred Bauer stand das Vorgehen der Behörde bei den sog. delicta graviora, zu denen unter anderem der sexuelle Missbrauch Minderjähriger durch Kleriker zählt. Dr. Bauer erklärte mit großer Sorgfalt das Procedere, welches in diesen Fällen zur Anwendung kommt. Im anschließenden Gespräch mit Dr. Johannes Fürnkranz vom Eheamt des Dikasteriums wurde uns das Verfahren der Auflösung einer Ehe in favorem fidei bzw. des sog. Privilegium Petrinum sachkundig erläutert. Besonders betonte er die Dimension, dass das Dikasterium hier zur Förderung des Glaubens tätig werde.
Der dritte Termin dieses Tages bot die Möglichkeit zum Gespräch mit dem Delegaten des Dikasteriums für die Evangelisierung, Bischof Franz-Peter Tebartz-van-Elst. Dieser wies in Rückgriff auf die Lehre der bisherigen Päpste auf die Wichtigkeit einer (Neu-)Evangelisierung Europas hin und erläuterte etwa speziell dafür geschaffene kirchliche Dienste, wie jenen der KatechistInnen oder der MissionarInnen der Barmherzigkeit.
Der Tag endete mit einem Besuch am Gerichtshof der Rota Romana. Im Palazzo della Cancelleria begrüßten uns Mons. Dr. Robert Golebiowski und Dr. Konrad Ackermann. Eine Führung durch Archiv und Amtsräume machte die Tätigkeiten dieser Einrichtung, die vor allem als Berufungsgericht für Ehenichtigkeitsverfahren zuständig ist, anschaulich.
Tag 5: Paenitentiarie -Interreligiöser Dialog - Selig- und Heiligsprechungsverfahren - Staatssekretariat
Der letzte Tag begann wiederum im Palazzo della Cancelleria mit einem Besuch der Apostolischen Paenitentiarie. Sie ist das älteste der bestehenden Dikasterien und geht bereits auf das 12. Jahrhundert zurück. Besonders an ihrer Tätigkeit ist, dass sich ihre Kompetenz ausschließlich auf das sog. forum internum beschränkt. Mons. Carlos Encina Commentz erklärte uns die Arbeitsfelder und ging dabei auf den Nachlass der dem Apostolischen Stuhl vorbehaltenen Exkommunikation ein. Neben Nachlässen ist man weiters zuständig für Dispensen, Gnadenerweise und Umwandlungen kirchlicher Strafen. Auch fällt die Zuständigkeit der Gewährung für Ablässe in den Aufgabenbereich der Behörde, auch wenn diese nicht dem forum internum angehören. Besonders an diesem Dikasterium ist, dass das Amt des Kardinal-Großpaenitentiars in der Sedisvakanz nicht erlischt, da das Heil der Seelen im Vordergrund steht. Mons. Commentz erwähnte auch die schnelle Arbeitsweise der Paenitentiarie, denn Briefe werden in der Regel innerhalb von 24 Stunden beantwortet.
Im Dikasterium für den Interreligiösen Dialog wurden wir anschließend von einem Mitarbeiter empfangen. Er wies in besonderer Weise auf den seit dem II. Vaticanum bestehenden und wichtigen Dialog mit anderen Religionen hin und erwähnte vier Arten des Dialogs: Dialog des Lebens, der Aktion, der Theologie und der Spiritualität.
Im Dikasterium für Selig- und Heiligsprechungsverfahren wurden wir anschließend vom Generalrelator P. Vincenzo Criscuolo OFM empfangen. Er wies darauf hin, dass das Dikasterium keine „Heiligenfabrik“ ist, sondern Selige und Heilige anerkannt werden. Er stellt auch die Vorgehensweise eines solchen Selig- bzw. Heiligsprechungsprozesses vor und nannte Kriterien, die dabei erfüllt sein müssen. Auch erklärte er, dass sowohl Historiker, Theologen, Bischöfe und Kardinäle, aber auch Ärzte bei einem solchen Prozess einbezogen sind.
Krönender Abschluss der ganzen Woche und des Seminars war am Freitag-Nachmittag der Besuch im Staatssekretariat. Nach einem Kontrollcheck an der Porta Sant' Anna durch die Schweizer Garde, nahm uns Mons. Rev. Dr. Francisco Riegger in Empfang, der uns die Stufen des Apostolischen Palastes bis zur Terza Loggia hinaufführte. Nach dem interessanten Gespräch, bei dem wir erfuhren, wie die Arbeitsweise der drei Sektionen abläuft, durften wir auch einen Blick von einer Dachterrasse des Apostolischen Palastes genießen und direkt auf den Petersplatz hinunterblicken, bevor wir durch den Portone di Bronzo den Palazzo wieder verließen
Nicht nur der wunderbare abendliche Ausblick über den Petersplatz und halb Rom, sondern die ganz besonderen Treffen und Begegnungen in den verschiedenen Dikasterien und mit den einzelnen Vertretern, die man bei einem gewöhnlichen Rombesuch nie erleben könnte, werden uns lange in Erinnerung bleiben. Nicht zuletzt haben wir in dieser Woche einen großen Einblick bekommen, der auch für die jeweilige spätere berufliche Laufbahn sehr wichtig und wertvoll sein kann und wird.
Deshalb gilt ein großer Dank Prof. Dr. Dr. Elmar Güthofff von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München, sowie unserer Kirchenrechtlerin Frau Prof. Dr. Sabine Konrad, die es uns ermöglicht haben, an diesem Seminar teilzunehmen.
Für die Studierendengruppe: Sebastian Mörzl und Thomas Lang